Beschreibung des Entwurfs-programmes |
FROM STRADA NUOVA (HS19)
Wir starten das Semester mit einer dreitägigen Exkursion nach Genua, wo wir anhand von ausgewählten Bauten die Grundprinzipien einer zeitlosen, städtischen Architektur studieren wollen. Genua ist eine Hafenstadt dicht und abwechslungsreich mit spektakulären Infrastrukturbauten am Wasser und Wohnhäusern weit oben in den steilen Hügeln über dem Meer. Genua ist aber auch die Stadt der weltberühmten „Strada Nuova“, einer Renaissance- und Barockstrasse, die noch heute als das Ideal einer urbanen Architektur gepriesen wird.
Hier beginnen wir also unsere gemeinsame Entdeckungsreise, offen und experimentell, aber auch analytisch und kritisch. Der Entwurfsprozess erfolgt in drei Schritten: zuerst die Dokumentation des Genueser Beispiels, darauf basierend das Formulieren architektonischer Prinzipien und schliesslich, aufbauend auf diese Prinzipien, der eigene Entwurf, das Projekt für eine ideale Architektur. Dabei geht es nicht um einen Ort und auch nicht um ein konkretes Programm, sondern ausschliesslich um das Wesen der architektonischen Form: Körper, Raum, Typ, Struktur und Material.
Es ist die wichtigste und auch schwierigste Aufgabe für jeden Architekten, seine eigene architektonische Sprache zu (er-)finden. Denn ohne ein Repertoire an architektonischen Vokabeln, wir können auch von Bildern und Formen, Strukturen und Prinzipien sprechen, ist der Architekt sprachlos.
Um diese Sprache, um dieses Repertoire an architektonischen Formen und Prinzipien geht es in unserem Studio: Alle Studierenden erarbeiten sich im Laufe des Semesters ihr Repertoire. Wir könnten auch sagen, sie arbeiten an ihrer eigenen Vorstellung einer idealen Architektur. Dabei ist mit „ideal“ nicht nur schön, vollkommen und erstrebenswert gemeint, sondern vor allem das, was auf einer Idee beruht. Die Studierenden entwickeln individuelle, beim Entwerfen immer wieder neu verfügbare Architektur-Ideen.
Unterstützt wird dieser Prozess von Vorbildern und Beispielen. Denn Architektur lernt man vor allem dadurch, dass man bestehende Gebäude und Entwürfe studiert und in eigene Bilder übersetzt. Reisen, Hingehen und Schauen ist dabei der erste Schritt. Entscheidend ist, dass wir bereits dieses Schauen als schöpferischen Akt verstehen. Aus der Betrachtung entsteht die Erfindung. Dokumentieren wird zu Entwerfen. Und so schaffen wir, indem wir uns mit den Formen, die uns die Architekturgeschichte überliefert, kreativ und kritisch auseinandersetzen, neue Architektur – unsere eigene „Strada Nuova“.
TO MAIN STREET (FS20)
Das zweite Semester unseres Studios ist das konzeptionelle Gegenstück zum ersten Semester: Der idealen Form ohne Ort und Zeit wird das reale Projekt in einer realen Umgebung im Hier und Jetzt gegenübergestellt. Die Prachtsstrasse wird zur „Main Street“.
Im Kontext der Basler Innenstadt setzen wir uns mit dem Phänomen der sich verändernden Einkaufsstrassen auseinander. Denn die „Main Street“, das Paradigma der Strasse als Ort des Austauschs der zivilen Gesellschaft ist heute herausgefordert. Die Aufgabe besteht darin, ein visionäres Szenario für die zeitgenössischen Bedürfnisse städtischen Lebens zu finden und dafür eine architektonische Form zu schaffen. In welchen Bauten, in welchen Räumen wollen wir heute einkaufen, wohnen, arbeiten, die Freizeit verbringen? Alle Studierenden werden ein konkretes Projekt, ein Gebäude für die „Main Street“ der Zukunft entwerfen.
Methodisch baut „Reale Architektur“ direkt auf dem vorhergehenden Semester „Ideale Architektur“ auf: Die Prinzipien aus dem ersten Semester werden im Projekt des zweiten Semesters wieder aufgenommen und weiterentwickelt und mit den spezifischen Aspekten von Ort und Funktion verbunden. Die allgemeine Idee einer architektonischen Form wird so zur konkreten und spezifischen Formulierung. Und hier, in der konkreten Anwendung in einem konkreten Fall erhält die architektonische Form auch ihre gesellschaftliche, ökonomische und letztlich politische Relevanz. Aus ideal wird real.
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Lernziele |
HS19:
Fähigkeit zur systematischen Analyse von Bauten aus unterschiedlichsten Epochen und deren zwei- und dreidimensionale Darstellung und kritischer Beschreibung in Worten. Untersuchung und Verständnis architektonischer Regeln, Qualitäten und Prinzipien. Aneignung dieses Wissens und die Fähigkeit, dieses im eigenen Entwurf anzuwenden.
FS 20:
Entwickeln einer eigenständigen, verantwortungsvollen und visionären Haltung zu einer aktuellen gesellschaftlichen Fragestellung. Fähigkeit, (architektur-) theoretische Texte kritisch zu lesen, zu diskutieren und zur Fragestellung in Beziehung zu setzen. Entwickeln eines städtebaulich, typologisch, formal und konstruktiv kohärenten eigenständigen Projekts in einem methodisch kontrollierten Prozess.
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